Der 1983 von der Bochumer Band Geier Sturzflug veröffentliche Liedtext trifft im Refrain auf die momentane Situation in den meisten europäischen Ländern zu. Nicht nur die von außen kommenden Probleme sondern auch die in den einzelnen Länder von populistischen Gruppen geforderten Veränderungen bringen einschneidende Maßnahmen zu Tage. In Österreich zum Beispiel kampagnisiert eine Tierschutzgruppe seit Jahren angebliches Tierleid. Leider geht es in den wenigsten Fällen um einen vernünftigen Dialog für nachhaltige und sinnvolle Lösungen. Am Beispiel Lainzer Tiergarten möchten wir Ihnen diese Praxis und Auswirkungen erläutern.
https://de.wikipedia.org/wiki/Lainzer_Tiergarten
Auszug:
Der Lainzer Tiergarten hat eine über die Jahrhunderte bewegte Geschichte hinter sich. Schon im 11. Jahrhundert wurde das Gebiet von den Babenberger als Jagdgebiet auserkoren, bis Kaiser Ferdinand I. 1561 den damaligen Auhof kaufte und einzäunen ließ. Gründe für den Zaunbau waren die durch die unmittelbare räumliche Nähe zu besiedeltem Gebiet auftretenden Probleme des Verbisses, des Wildwechsels und der Nahrungssuche auf Äckern und Wiesen sowie die massiven Flurschäden auf den Agrarflächen der Umgebung. Zudem waren auch der Schutz der Weingärten und die Trennung der Interessenssphären der Jagd und der Agrar- und Weinwirtschaft ein Anliegen. Nach dem Bau der Hermesvilla 1882-1886 wurde unter Franz Joseph I. der Tiergarten auch für andere Nutzung freigegeben. Nach dem Zerfall der Monarchie fiel das Areal an die Republik Österreich bzw. an den Kriegsentschädigungsfond. Die größte Bedrohung für das heutige Naturschutzgebiet ging von verschiedenen Bebauungsplänen aus, die nur zu einem kleinen Teil realisiert wurden. Dass der Tiergarten als solcher weiter bestehen blieb, lag am Fuß fassenden Naturschutz der das Ökosystem Lainzer Tiergarten als schützenswert erachtete. 1919 wurde der Tiergarten für die Öffentlichkeit zeitweilig zugänglich gemacht. 1937 wurde der eigentlich zu Niderösterreich gehörende Tiergarten an die Stadt Wien übertragen. Per 15. Oktober 1938 wurde von der NS-Diktatur Groß-Wien geschaffen. Der Tiergarten zählte nun zum Stadtgebiet Wiens und befand sich im neuen 25. Bezirk, Liesing. Unter der Leitung von Reichsjägermeister Hermann Göring änderte sich die Nutzung des Gebietes erneut. Einerseits wurde eine intensive landwirtschaftliche Verwendung der Wiesen in Betracht gezogen, andererseits wurde der Tiergarten zum Repräsentationsjagdgebiet der Stadt Wien erklärt und die forstwirtschaftliche Nutzung stark eingeschränkt. Nach dem Einmarsch der Roten Armee im April 1945 wurde der Wildbestand nahezu ausgerottet. Die Infrastruktur des Tiergartens wurde demontiert oder zerstört. 1954 wurde NS-Groß-Wien auf das heutige Stadtgebiet reduziert. Liesing war nun der 23. Bezirk. 1956 wurde der Lainzer Tiergarten aus dem 23. Bezirk aus- und in den 13. Bezirk, Hietzing, eingegliedert, dem er bis heute angehört. Wie nach dem Ersten Weltkrieg wurden in der Nachkriegszeit andere Nutzungen diskutiert, jedoch nie verwirklicht. Eine derart große ungenutzte Fläche wurde von vielen als unnötiger Luxus angesehen, und es gab – wie schon zuvor – Bestrebungen, das Gebiet zu bebauen. Die Trasse der Westautobahn sollte nach ursprünglichen Plänen direkt durch den Tiergarten gelegt werden. Die Sensibilisierung der Bevölkerung in Naturschutzfragen führte, von Medien unterstützt, zu stärkerer Kritik an der Jagd, obwohl die Bejagung eines derartigen Ökosystems für dessen Bestand unabdingbar ist. Die Gefahren für den Besucher durch unkontrolliertes Füttern der Wildschweine und der damit einhergehende Verlust der Scheu der Tiere waren hingegen kaum Thema. Die heutigen Nutzungsformen im Bereich des Tiergartens unterscheiden sich beträchtlich von jenen der Gründungszeit. Nach wie vor ist die Wilddichte im Lainzer Tiergarten hoch, was intensive Pflege und Bejagung verlangt, um übermäßigen Verbiss an den Waldsäumen bzw. Kraut- und Strauchschicht zu verhindern. Zudem ist das Ansiedeln von Raubtieren aus Gründen der Sicherheit der Besucher und der beschränkten Größe des Gebietes unmöglich. Um Gäste des heute öffentlichen Parks vor möglichen Schädigungen durch die Jagd zu schützen, wird diese während der Schließzeiten im Winter durchgeführt. Die dabei bejagten Wildarten sind vor allem Schwarzwild, aber auch Rotwild und Rehwild. Neben diesen werden in eigenen Gehegen Damwild, Muffelwild und so genannte Heckrinder gehalten. In forstwirtschaftlicher Hinsicht steht vor allem die Erhaltung und Pflege des Bestandes im Vordergrund, einerseits um die Artendiversität zu erhalten und zu erweitern, andererseits um die Besucher vor möglichen Gefahren zu schützen. Das Forstamt der Stadt Wien (MA 49) ist dabei für alle einschlägigen Arbeiten verantwortlich. Der Park bietet, botanisch betrachtet, nicht ausschließlich ursprüngliche, in Mitteleuropa heimische Bepflanzung. Der Park ist keine Urlandschaft, sondern eine weitgehend der Natur überlassene Kulturlandschaft. Da der Park ein Naturschutzgebiet ist, ist es auf der anderen Seite unmöglich, die infrastrukturellen Maßnahmen soweit auszudehnen, dass der Lainzer Tiergarten zum voll erschlossenen Erholungs- und Vergnügungsgebiet umgewidmet würde, mit allen dazu nötigen Eingriffen. Das Verbot von Kraftfahrzeugen, Fahrrädern, Skateboards und Haustieren, die nur sehr geringen vorhandenen Parkmöglichkeiten, das Verbot von offenem Feuer sowie die eingeschränkte Benützung der Grünflächen sind sicherlich im Vergleich zu anderen Naherholungsgebieten eine freizeittechnische Einschränkung.
Nach dem Wiener Jagdgesetz § 7 gilt für den der Lainzer Tiergarten folgendes: „Tiergärten sind Eigenjagdgebiete oder Teile von solchen, die gegen das Ein- und Auswechseln des gehegten Wildes mit Ausnahme des Federwildes von und nach allen benachbarten Grundstücken vollkommen abgeschlossen sind und sich über eine zusammenhängende Fläche von mindestens 115 ha erstrecken.“ Das Jagen zur Reduktion des Wildes war gegen Bezahlung für jedermann möglich.
Eine groß angelegte Kampagne einer Tierrechtsorganisation bekämpft seit Jahren diese Tradition bzw. nötige Maßnahme. Es ist ein Geschäftsmodell mit populistischen Aktionen gegen die Jagd auf sich aufmerksam zu machen und von weltfremden und leider meist uninformierten, gutgläubigen Menschen im Sinne eines angeblichen Tierschutz Spenden einzusammeln. Mit Neid und Mißgunst auf die angeblich bessergestellten Unternehmer und Adelige, die Klischees bedienend, lässt sich hier leicht und vorallem viel Geld verdienen. Leider finden sich immer wieder Politiker, die wegen etwaiger Wählerstimmen, diesen Organisationen Gehör schenken und spontane Gesetzesänderungen veranlassen. Die Folgen sind kaum absehbar und diese müssen wir dann alle tragen:
Nach der Ankündigung des Verbotes der Gatterjagd in Wien 2023 wird die nötige Reduktion des Wildes ausschließlich vom Forstpersonal und nicht mehr von zahlenden Jägern gemeistert. Die Einkünfte von hundertausenden Euros für Abschüsse entfallen zur Gänze. Die Stadt Wien muß nun mit Steuermitteln diesen Abgang kompensieren. Ab Inkrafttretten des Gattervebotes in Wien 2023 wird die Situation interessant.
https://www.wien.gv.at/umwelt/wald/erholung/lainzertiergarten/lebensraum/wildtiermanagement.html
Auszug:
Die Regulation des Schwarzwildbestandes hat eine schrittweise und kontinuierliche Reduktion des Bestandes auf ein lebensraumkonformes Niveau zum Ziel. Dieses orientiert sich an einem Monitoring-System zur Vegetationsentwicklung. Rehwild bleibt als zweite Schalenwildart in einer lebensraumverträglichen Populationsgröße erhalten.
Der Lebensraum Lainzer Tiergarten ist für Rotwild ungeeignet. Für eine ausreichende Populationsgröße herrschen zu viele Stressfaktoren, gleichzeitig gibt es zurzeit keine Abwanderungsmöglichkeit. Dam- und Muffelwild sind keine heimischen Wildarten und erhöhen die Konkurrenz um Ressourcen zu den heimischen Wildarten. Deshalb ist das Auslaufenlassen des gesamten Bestandes an Rot-, Dam- und Muffelwild vereinbartes Ziel.
„Geburtenkontrolle“ als wissenschaftliches Projekt
Weiters wurde vereinbart, die Anwendbarkeit von „Immuno-Kontrazeption“ zur Geburtenkontrolle in einem räumlich begrenzten Bereich wissenschaftlich zu beforschen. Die Applikation erfolgt mittels Narkosegewehr mit einer parenteralen Injektion, ähnlich einer Impfung. Es handelt sich dabei um keine hormonelle Methode. Immuno-Kontrazeption ist – wie jede andere Medikamentenabgabe – ein ethisch heikles Feld. Das Nachdenken darüber ist wissenschaftlich begründet und durch die klare Distanzierung von hormonellen Verabreichungen entstanden. Damit wäre jedenfalls ein unkontrollierter Eintrag von Medikamenten in die Natur auszuschließen.
Parallel zur Anpassung des Tierbestandes an den Lebensraum werden die Fütterungen schrittweise aufgelassen. Aktuell haben sie Lenkungsfunktion. Mittelfristiges Ziel ist das Auflassen sämtlicher Fütterungen im Lainzer Tiergarten, selbstverständlich unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen.
Als letzter Punkt wurde vereinbart, Chancen und Risken für mögliche punktuelle und selektive Wildwechsel aus und in den Lainzer Tiergarten abzuschätzen, um die genetische Variabilität zu erhalten sowie daraus folgend die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen zu diskutieren.
http://www.heute.at/oesterreich/wien/story/Lainzer-Tiergarten–Doch-keine–Pille–fuer-Wildtiere-50794055
Auszug:
Nach einem internationalen Experten-Symposium erfolgte nun der Rückzieher: „Wir hätten für das Mittel eine Sonder-Einfuhrgenehmigung benötigt. Das wäre nur über eine wissenschaftliche Studie und einen gemeldeten Tierversuch gegangen. Das war uns nicht recht, weil es den Tieren nicht zumutbar ist“, meint Balluch.
Ganz vom Tisch ist die hormonfreie Verhütungsmethode mittels Immuno-Kontrazeption noch nicht: „Die Option bleibt weiterhin offen“, so Balluch. Allerdings erst, wenn die Forschung international ausreichend weit fortgeschritten ist und die entsprechenden Daten vorliegen.
Junge Damhirsche werden kastriert
Statt der Spritzen werden nun die neugeborenen, männlichen Damhirsche kastriert. Sie bleiben bei den Weibchen im Schaugatter. Die rund 30 erwachsenen Damhirsch-Männchen sowie Mufflons erhalten eine Ohrmarke und werden im Lainzer Tiergarten „ausgewildert”.
Insgesamt sollen bis 2021 alle nicht heimischen Tiere im Lainzer Tiergarten durch möglichst schonende Jagd entfernt sein. Zusätzlich werden die Fütterungen bis dahin reduziert bzw. langfristig eingestellt – die Wildtiere sollen sich durch das natürliche Nahrungsangebot selbst erhalten. Geplant ist zudem eine Öffnung der Mauer durch Grünbrücken.
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20170711_OTS0040/kein-verhuetungsprojekt-mit-immuno-kontrazeption-im-schaugatter-des-lainzer-tiergartens
Auszug:
Im Lainzer Tiergarten gibt es ein Schaugatter mit ca. 30 Damhirschen und Mufflons, das nach den Vorstellungen des Forstbetriebs der Stadt Wien aufgelöst werden sollte. Und tatsächlich ist die Nutzung von Tieren als bloße Schauobjekte anachronistisch. Daher beteiligte sich der VGT an der Suche nach einer tiergerechten Lösung, die zunächst in einem Verhütungsprojekt mit Immuno-Kontrazeption, also ohne Hormone, angedacht worden war.
Im Lainzer Tiergarten wird unterdessen die vereinbarte Reduktion des Wildbestandes und der Fütterungen mittels Bejagung durchgeführt. Bis zum Jahr 2021 sollen alle nicht-heimischen Tierarten entfernt und die autochthone Schalenwildpopulation mit jener außerhalb des Lainzer Tiergartens vergleichbar sein. Dann müssten sich die Wildtiere durch das natürliche Nahrungsangebot im Lainzer Tiergarten selbst erhalten können und einer Öffnung der Mauer durch Grünbrücken steht nichts mehr im Wege. Die Zukunft des Gebiets wird ein Wildtiermanagement nach Kriterien der Ökologie und des Tierschutzes im Rahmen des sogenannten „Ultima Ratio“ Prinzips sein. Mangels Großraubtieren werden dann die Schalenwildpopulationen in möglichst schonender Weise reduziert, wenn ökologische Indikatoren, wie der Verbiss von Jungbäumen oder der Grad umgewühlter Wiesenflächen, das notwendig erscheinen lassen.
http://www.lainzer-tiergarten.at/tiere.html
Auszug:
Beim Lainzer Tiergarten handelt es sich um einen schützenswerten Landschafts- sowie Naturraum – der Grund dafür ist die Erfüllung besonderer Kriterien: So weist der Tiergarten eine hohe Artenvielfalt auf, verfügt über zahlreiche gefährdete Pflanzen- und Tierarten, hat einen entsprechenden Bestand lebenden Altholzes und einen hohen Anteil an stehendem sowie liegendem Totholz.
Weitere spezielle Schutzmaßnahmen: Um den Lainzer Tiergarten auch in Zukunft in seiner besonderen Form zu erhalten, gibt das Forstamt der Stadt Wien Jahr für Jahr einen detailreichen Management-Plan für verschiedene Tätigkeitsgebiete im Tierreich heraus.
Wildtiere: Beim Lainzer Tiergarten handelt es sich um einen der ältesten Tierparks in Europa – ein artenreicher Wildtierbestand hat hier Tradition. Dem sogenannten Schalenwild lassen sich Wildschweine (Schwarzwild), Hirsche (Rotwild), Damhirsche (Damwild), Rehe und Mufflons (Wildschafe) zuordnen – sie alle leben im Tiergarten. So gibt es 800 bis 1000 Wildschweine, 80 bis 100 Rothirsche, 200 bis 250 Damhirsche, unzählige Rehe und etwa 700 Mufflons.
Zusammenfassend stellen wir fest:
Rot-, Dam- und Muffelwild wird im Lainzer Tiergarten ausgerottet. Der Bestand an verbleibenden Schalenwild wie Reh und Wildschwein wird auf ein Minimum durch Abschüsse reduziert. Raubwild wird nicht mehr bejagt bzw. reguliert, was für das Niederwild fatale Auswirkungen haben wird. Massiver, künstlicher Eingriff bei der Fortpflanzung von Wildtieren. Grünbrücken werden das Aus- und Einwechseln nicht nur des Schalenwildes erleichtern, sondern ermöglichen auch Haustieren, grossen Beutegreifer wie Luchs, Wolf und Umweltgefahren ein problemloses Eintreten. Wobei man bei gut 800.000 Besuchern jährlich und beim Einstellen der Fütterung davon ausgehen kann, dass ein Verlassen des Lainzer Tiergartens für Wildtiere wesentlich attraktiver sein wird.
„Wien wird Wild.“ Ähnlich dem Wildschwein Problem in Berlin werden die Grünbrücken zu interessanten Begenungen im Stadtgebiet führen. Darüber hinausgehend werden angrenzende Forst-und Landwirtschaften mit vermehrten Wildschäden zu rechnen haben.
Diese Veränderungen verdanken wir in erster Linie den Kampagnen verschiedener Tierschutzaktivisten, Jagdfeinden und der Unterwürfigkeit verschiedenster Politiker. Ein vernünftiger Dialog, keine übereilten Gesetze und eine gegenseitige Akzeptanz der unterschliedlichsten Ansichten und Interessen hätten das verhindern können.
Lange wird es den Lainzer Tiergarten in seiner heutigen Form nicht mehr geben, frei nach dem Refrain von Geier Sturzflug: Dann ist alles längst zu spät, dann ist, wenn schon nichts mehr geht besuchen Sie (Europa) den Lainzer Tierpark !